Mit Wasserpistolen gegen Rechtsextreme

Mehr als 250 Antifaschist:innen haben am 19. Juni in Eschede gegen das NPD-Zentrum auf dem Hof Nahtz demonstriert. Nachdem Wasserpistolen auf anwesende Rechtsextreme gefeuert wurden gab es Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Trotz praller Mittagssonne und rund 30 Grad im Schatten, formiert sich am Samstagmittag ein Block von schwarzgekleidet und vermummten Antifaschist:innen am Bahnhof in Eschede. „Kick them out“ steht in großen Buchstaben auf dem Fronttransparent. Im Kontrast zur schwarzen Kleidung sind die Regenschirme, die gegen Sonne, Fotos und neugierige Blicke schützen sollen, in bunten Farben. Mehr als 250 Aktivist:innen sind zum Protest gegen den Hof Nahtz in die Kleinstadt im Landkreis Celle gekommen.

Antifa-Demonstration gegen Hof Nahtz in Eschede

Der Hof Nahtz ist ein alter Bauernhof nördlich der Kleinstadt Eschede. Er liegt an einem kleinen Waldstück und ist ringsum umzäunt. Seit Jahrzehnten finden hier rechtsextreme Veranstaltungen statt. Völkischen Erntedankfesten, Sonnwendfeiern, Rechtsrockkonzerten und Veranstaltungen der verbotenen ‚Heimattreue Deutsche Jugend‘ hat der Hof schon Raum geboten. 2019 kaufte der NPD Landesverband den Hof von der Familie Nahtz, um ihn zu einem neuen Zentrum auszubauen.

Auch an diesem Wochenende soll wohl ein rechtsextremes Fest zur Sommersonnwende stattfinden, sicher ist diese Information aber nicht, denn es wird nur intern dafür geworben. Für die Antifaschist:innen dennoch Anlass genug mit einer Demo vom Bahnhof bis zum Hof zu laufen. Unter dem Motto „Das Feuer löschen: Keine Sonnenwendfeier in Eschede“ wurde dafür auch in Hamburg, Lüneburg und Hannover mobilisiert.

Antifa-Demonstration gegen Hof Nahtz in Eschede

Neben dem Schwarzen Block ist auch der bürgerliche Antifaschismus ist auf der Demonstration vertreten. Man sieht Fahnen der Jusos, der SPD, von Gewerkschaften und der VVN. Auch Kirchervertreter:innen laufen mit. Anders als viele erwarten würden, distanziert sich hier aber niemand von radikalen Strukturen. „Hier in Eschede kamen schon immer unterschiedliche Menschen zusammen“, heißt es in einer Rede bei der Zwischenkundgebung. „Wir sind alle Antifa. Wir sind friedlich und wir sind militant“. Auch die autonomen Aktivist:innen sind hier Teil des Gesamtprotests, auch wenn man sich in den Aktionsformen nicht immer einig ist, erzählt der Redner weiter. Auch die Grabenkämpfe zwischen Anarchist:innen und Kommunist:innen, zwischen Antideutschen und Antiimperialist:innen sind nur darin spürbar, das Teile des Blocks einen Spruch nicht mit rufen. Es eint das gemeinsame Ziel: „Eschede nazifrei“, wie die Demo lautstark skandiert.

Am Hof Nahtz angekommen werden die Antifaschist:innen von einem filmenden NPDler begrüßt. Gut geschützt hinter Zaun und Polizeikräften. Aber nicht gut genug: Aus dem Block mit den bunten Regenschirmen tauchen Wasserpistolen auf, die in Richtung des Filmenden entleert werden. Die Polizei sieht sich gezwungen, die Gefahr von spritzendem Wasser sofort zu unterbinden und geht beherzt gegen den Block vor. Die Folge: zehn verletzte Personen durch den Einsatz von Pfefferspray und sechs Ermittlungsverfahren wegen tätlichem Angriff und Landfriedenbruch .

Antifa-Demonstration gegen Hof Nahtz in Eschede

Nach der kurzen Konfrontation können sich Polizei und Demonstrant:innen darauf einigen wieder zum Bahnhof zurückzukehren. Am Hof bleiben die beiden NPDler mit Familie Nahtz zurück, auf der anderen Seite des Zauns die Einsatzkräfte der Polizei und zahlreiche Recherchefotografen, die darauf hoffen den Ort der Sonnwendfeier doch noch rauszufinden.

Anders als für die angereisten Antifaschist:innen, ist das Problem des NPD-Hofs für Anwohner:innen allgegenwärtig. In der Bahnhofsstraße in der Ortsmitte, haben zahlreiche Anwohner:innen rot-weiße Kreuze aufgestellt. „Kreuz ohne Haken“ steht darauf. Sie wollen, dass das NPD-Zentrum schließen muss. Knapp 40.000 Menschen haben dafür bereits einen offenen Brief an Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius unterschrieben. Ein Anwohner, der schon vor Beginn der Demo mit ‚Ton Steine Scherben‘ die Straße beschallt, erzählt im Gespräch, dass er auch immer wieder Einschüchterungsversuche durch anonyme Nachricht erhält. Trotzdem zeigen zahlreiche Schilder an seinem Haus, was er von dem Hof der NPD hält. Auf der Demo trägt er, wie viele bürgerliche Demonstrant:innen den Spruch „Ich bin auch Antifa“ auf seinem T-Shirt. Ein Zeichen des Zusammenhalts.