Waldbesetzung & Räumung im "Hambacher Forst"

Der Hambacher Forst ist ein Wald in der Nähe von Köln. Schon am nahegelegenen Bahnhof in Buir zeigt sich seine Besonderheit. Viele Graffiti und Sticker handeln vom Hambi, wie er oft genannt wird. Sechs Jahren lang war der Wald besetzt. Warum? Aus dem einfachen Grund, dass der Energiekonzern RWE den Wald vollständig roden will, um den Tagebau Hambach zu erweitern. Auf der Webseite der Waldbesetzung kann man nachlesen, dass von dem jahrtausend-alten Wald nur noch gut ein Zehntel übriggeblieben ist. Die Besetzer:innen lebten in schätzungsweise mehr als 60 Baumhäusern im Wald oder in Bauwagen und Zelten im Wiesencamp. Im Wald gab es mehrere „Baumhausdörfer“ - sogenannte Barrios - in denen es Verbindungen zwischen den Häusern gab, die man Walkways nennt. Diese Dörfer waren unterschiedlich groß und über den ganzen verbliebenen Wald verteilt. Jedes der Baumhausgruppen hatte einen Namen, so gab es z.B. Oaktown, Lorien, Gallien und Beechtown. Die Waldbesetzer:innen sind keine homogene Masse, die mit Steinen schmeißt, wie sie an mancher Stelle dargestellt wurde. Im Hambacher Forst kommen ganz unterschiedliche Menschen zusammen - Menschen aus der Punkszene, Hippies, Umweltaktivisten, sowie Menschen aus antifaschistischen Strukturen, um mal nur ein paar Szenen zu nennen. Sie alle eint ein Ziel: Den Forst vor der Zerstörung durch RWE zu schützen und damit ein Zeichen gegen den klimaschädlichsten Energieträger - die Braunkohle - zu setzen.

Am 13. September begann RWE mit Hilfe von Subunternehmen und der Polizei, die Baumhäuser und Blockaden im Wald zu räumen. Jeden Tag rückten sie weiter in das Gelände vor, räumten Barrikaden aus dem Weg, holten Menschen von sogenannten Tripods und fällten Bäume, um mit großen Kränen und Hubsteigern an die sogenannten Baumhausdörfer und Seilkonstruktionen heranzukommen. Von dort holten SEK-Kräfte und »Kletterpolizisten« dann die Aktivisten herunter. Zehn solcher Plätze mit insgesamt rund 60 Baumhäusern gab es Anfang September im Hambacher Forst. Nach vier Tagen waren nach Polizeiangaben bereits 28 der mehr oder weniger improvisierten Unterkünfte geräumt.

Doch immer wieder drangen Aktivisten erneut in den Wald vor, versammelten sich zu Sitzblockaden auf den Wegen und vor den Baumhäusern. Tausende demonstrierten in den ersten Tagen der Räumung und Abholzung auf den Feldern und Straßen am Hambacher Forst. Viele Familien und Menschen aus der Region beteiligten sich. Unterstützung kam von großen Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace. Sie alle kritisieren die Profitgier von RWE und setzen sich für den Klimaschutz ein. Bundesweit gibt es Solidaritätsaktionen.

RWE lässt den Wald räumen, denn ab Oktober will der Energiekonzern große Teile des verbliebenen Forstes abholzen lassen. Unter dem Wald liegen Braunkohlevorkommen, die RWE zur Kohleverstromung abbauen will.
Gegen die Polizeieinsätze und Besuche von RWE gab es ganz unterschiedliche Aktionen. Einige Personen bauten Konstruktionen wie Tripods, betonierten sich irgendwo fest oder bauten sogenannte Lock-Ons, um mit ihrem eigenen Körper den Weg für Polizei und RWE zu versperren und Zeit und Arbeit zu verbrauchen. Wenige Besetzer:innen leisteten militanten Widerstand, in dem sie Steine oder Flaschen warfen, Sprengfallen-Attrappen bauten oder auf andere Art und Weise ihre Gegner angriffen. Und viele Menschen bauten einfache Barrikaden aus Ästen, Bäumen und Erde auf den Wegen im Wald. Ohne diese Aktionen und die Baumhäuser, die 365 Tage im Jahr bewohnt waren, würde es den Wald vielleicht schon nicht mehr geben. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Baumhäuser geräumt wurden. Seit dem 2. Oktober stehen nur noch die restlichen Bäume des Hambacher Forsts - Ohne Besetzung. Aber die Besetzer:innen geben die Hoffnung nicht auf und kämpfen weiter – jeden Tag.

Ein Teil dieser Reportage ist auch in der Jungen Welt erschienen.